Newsletter
Top Schlagworte
Top Artikel
Steuern
Erweiterte Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten
Seit Januar 2004 wurde der steuerliche Abzug von Ausbildungskosten als Sonderausgaben auf maximal 4.000 € pro Jahr begrenzt. Damit wurden die Kosten für die erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium (Universität, Fachhochschule) nur in Höhe dieses Betrages als Sonderausgaben steuermindernd berücksichtigt. Kosten für Maßnahmen zur Weiterbildung nach diesem Abschluss sind jedoch nach wie vor in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar. In einem aktuellen Urteil (VI R 14/07) hat der Bundesfinanzhof befunden, dass das (seit dem Jahr 2004) geltende Abzugsverbot der Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein Erststudium jedenfalls dann nicht entgegensteht, wenn diesem eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Mit derselben Begründung sind auch Entscheidungen in vier weiteren Verfahren ergangen. In seinen Urteilen hat der Bundesfinanzhof verdeutlicht, dass die Beschränkung des Abzugs von Sonderausgaben bis zur Höhe von 4.000 € kein Abzugsverbot für Werbungskosten enthält. Die Vorschrift bestimmt lediglich in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehle. Umgekehrt erstreckt sich die Typisierung nicht auf Steuerpflichtige, die erstmalig ein Studium berufsbegleitend oder in sonstiger Weise als Zweitausbildung absolvierten. Geklagt hatte - mit Unterstützung des Bundes der Steuerzahler - eine Lehrerin aus Niedersachsen. Sie hatte eine Ausbildung zur Buchhändlerin abgeschlossen. Nach Abschluss der Ausbildung hatte sie zunächst ein Studium der Sonderpädagogik begonnen, allerdings wegen einer Schwangerschaft nicht beendet. Im Jahr 2002 nahm sie das Studium zur Grund-, Haupt- und Realschullehrerin auf. Der Bundesfinanzhof gab der Klägerin dem Grunde nach Recht. Die Aufwendungen der Klägerin für das Lehramtsstudium seien beruflich veranlasst. Es bestehe ein hinreichend klarer Zusammenhang dieser Ausgaben mit späteren Einnahmen aus der angestrebten Tätigkeit als Lehrerin. Die Aufwendungen waren in voller Höhe abzugsfähig und nicht etwa auf 4.000 € beschränkt, weil es sich bei dem Studium nicht um eine Erstausbildung gehandelt habe. Damit gibt es keine Begrenzung für den Abzug von Studienkosten, sofern das Studium nach einer Ausbildung erfolgt. Es ist egal, ob der Student später überhaupt ein Einkommen mit dem Studium erzielt oder nicht. Denn bei den Ausgaben für das Studium (z.B. Studiengebühren) handelt es sich um "vorwegegenommene Werbungskosten".
Das Urteil bringt einen weiteren Steuervorteil mit sich: Sonderausgaben dürfen nur in dem Jahr (Veranlagungszeitraum) abgesetzt werden, in dem sie gezahlt wurden. Da Studenten aber häufig in der Steuererklärung keine ausreichend hohen Einkünfte ausweisen, würde der Sonderausgabenabzug ins Leere gehen. Anders ist es bei Werbungskosten. Der ermittelte Verlust kann als Verlustvortrag in die folgenden Veranlagungszeiträume übertragen werden. Der fortgeführte Verlust wird erst dann mit anderen positiven Einkünften verrechnet, wenn diese auch anfallen. Auch andere Steuerzahler schöpfen nun neue Hoffnung. So ist beim Bundesfinanzhof ein Verfahren anhängig, in dem der vollständige Abzug der Studienkosten auch ohne vorhergehende Berufsausbildung begehrt wird (VI R 7/10). Ob der Bundesfinanzhof dem folgt, wird in Fachkreisen jedoch bezweifelt, da nicht wenige Studenten die ersten Semester als "Selbstfindungsphase" erachten. Ungeachtet dessen sollten Betroffene Nachweise über die studienbedingten Kosten (Fahrtkosten, Studiengebühren, Fachliteratur, Miete etc.) sammeln und aufbewahren. Steuerpflichtige, die ein klassisches Erststudium bereits abgeschlossen haben und bei denen sich der Abzug der Studienkosten mangels eigener Einkünfte nicht ausgewirkt hat, sollten ihre Aufwendungen unter Hinweis auf die beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahren als Werbungskosten geltend machen und gegen nachteilige Bescheide Einspruch erheben.
© Thomas M.R. Disqué 30.09.2010