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Steuern
Elektronische Vorsteuervergütung
Firmeninhaber können mit dem Verfahren zur elektronischen Vorsteuervergütung die in EU-Staaten gezahlte Umsatzsteuer zukünftig einfacher zurückfordern. Doch das Verfahren ist kompliziert. Ohne Steueranwalt oder Steuerberater erfahren Firmeninhaber oft nicht einmal, welche Beträge in welchem Land überhaupt erstattet werden.
Nicht selten ist Matthias Feldt, seines Zeichens Hauptreferent im Zentralbereich Taxes and Customs der ThyssenKrupp AG in Essen, gefrustet. Dann macht ihm mal wieder die elektronische Vorsteuervergütung zu schaffen. Eigentlich sollte das seit 2010 gültige Verfahren die Erstattung der in anderen EU-Staaten gezahlten Umsatzsteuer erleichtern. Anträge werden nicht mehr in Papierform bei der zuständigen Behörde im Ausland gestellt, sondern elektronisch über ein zentrales Portal im Inland übermittelt. In Deutschland dient das Bundeszentralamt für Steuern als elektronischer Briefkasten. Es prüft die Unternehmereigenschaft des Antragstellers und leitet die Daten an den zuständigen EU-Staat weiter. Belege sind nicht mehr im Original beizufügen, elektronische Rechnungskopien sind nur bei bestimmten Mindestumsätzen erforderlich. Doch in der Praxis gibt es mannigfaltige Probleme. „Manche EU-Staaten kochen ihr eigenes Süppchen\", bemerkt Feldt. „Sie fordern selbst bei Kleinstbeträgen weiter Einzelbelege. Und die Codes, mit denen wir angeben müssen, um welche Leistungen es sich handelt, sind zum Teil völlig unterschiedlich. \"Wenn schon die Spezialisten eines Unternehmens wie ThyssenKrupp bei diesem Thema am liebsten aufgeben würden, ist klar, dass auch Handwerker, kleine Mittelständler und Freiberufler mit dem elektronischen Vorsteuervergütungsverfahren ihre liebe Mühe haben. Glücklicherweise kann in diesem Fall der Steueranwalt oder der Steuerberater weiterhelfen und durch einen Rückerstattungsprozess lotsen, der trotz des Reformversuchs manchmal immer noch sehr kompliziert ist.
Auf halbem Weg stecken geblieben ist das Projekt auch, weil jeder Mitgliedstaat zwar eigene Mehrsteuer-Systemrichtlinien hat, einzelne Regelungen wie eben bei der Vorsteuervergütung jedoch abweichen. Wenn Frankreich etwa Vorsteuern auf bestimmte Leistungen erstattet, dann gilt das nicht automatisch auch für Ungarn. Mit den jeweiligen Bestimmungen in den einzelnen EU-Staaten kennen sich nur versierte Berater aus. Professor Joachim Englisch, der Öffentliches Recht und Steuerrecht an der Universität Münster lehrt, bringt das Problem auf den Punkt: „Es gibt zahllose länderspezifische Beschränkungen, beispielsweise bei Reisekosten, Geschäftsessen oder Kosten für Werbegeschenke.\" Dabei ist einiges schon besser geworden. „Weil das alte Verfahren kompliziert und bürokratisch war, haben Mittelständler oft auf die Erstattung der im EU-Ausland gezahlten Umsatzsteuer verzichtet\", weiß Hans Nieskens, Steuerexperte und ehemaliger Professor für Umsatzsteuerrecht an der Fachhochschule für Finanzen im nordrhein-westfälischen Nordkirchen. Das bedeutete für manche Betroffene herbe finanzielle Einbußen. Wer im Ausland oft Messen oder Geschäftspartner besucht, ohne in dem jeweiligen Land umsatzsteuerpflichtig zu sein, kann die Vorsteuer nämlich nicht mit der Steuerschuld beim Finanzamt verrechnen. Er muss sie vom ausländischen Fiskus zurückholen. Das wird durch die elektronische Vorsteuervergütung tatsächlich erleichtert – allein schon deshalb, weil Unternehmer sich nicht mehr mit länderspezifischen Formularen herumschlagen und den Antrag in der jeweiligen Amtssprache stellen müssen.
Auch langes Warten ist passé. Dauerte es nach altem Recht in Staaten wie Italien mitunter Jahre, bis ein Antrag geprüft war, gelten mit dem Verfahren der elektronischen Vorsteuervergütung klare Vorgaben. „Die Behörden müssen innerhalb von vier Monaten antworten, ob sie einen Antrag bewilligen oder ablehnen\", nennt Professor Englisch einen großen Fortschritt. Staaten, die aus eigenem Verschulden länger brauchen und das Geld dann nicht binnen zehn Tagen überweisen, müssen Zinsen auf den geschuldeten Betrag zahlen. Diese Regelung lobt auch Herbert Becherer. „Das ist eine enorme Stärkung der Steuerpflichtigen\", freut sich der Umsatzsteuerexperte und Vizepräsident der Bundessteuerberaterkammer, wenngleich ihn eines weiter stört: „Leider ist die Verzinsung in der EU nicht einheitlich geregelt.\" Ohne Experten im Rücken bemühen sich viele Unternehmer trotz Verfahrensvereinfachung weiter vergebens um Rückerstattungen, weil der Teufel im Detail steckt. \"Oft kann nur der Steueranwalt oder der Steuerberater weiterhelfen\", sagt Herbert Becherer. „Firmenchefs dürfen ihn mit der Antragstellung bevollmächtigen.\" Diese Meinung teilt Matthias Feldt, der der Neuregelung noch skeptisch gegenübersteht, denn die zuständigen Behörden arbeiten aus seiner Sicht nicht wirklich schneller: „In der Praxis beobachten wir, dass die Staaten viele Nachfragen stellen und Fristen hinausschieben.\" Auch er selbst, dessen Abteilung immerhin auf Umsatzsteuerfragen spezialisiert ist, braucht manchmal Berater. Nur ein Beispiel: Zwar wird der Antrag auf Vorsteuerrückerstattung auf Deutsch beim Bundeszentralamt für Steuern gestellt, die Nachfragen sind jedoch in der jeweiligen Amtssprache zu beantworten. Polnisch oder ungarisch aber spricht Matthias Feldt nicht. Die Gemeinsamkeit dürfte er ebenso wie die Probleme beim elektronischen Vorsteuervergütungsverfahren mit den meisten Mittelständlern teilen.
So wird die im EU-Ausland gezahlte Umsatzsteuer zurückgeholt:
Voraussetzungen:
Sie sind in Deutschland umsatzsteuerpflichtig und zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Sie unterhalten in dem Land keine Filiale und haben dort keine oder steuerfreie Umsätze.
Sie nutzen die Waren nur unternehmerisch.
Sie erwarten eine Vorsteuervergütung von mindestens 50 Euro im Jahr. Antragstellung:
Reichen Sie Anträge über das E-Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) ein.
Registrieren Sie sich unter www.bzst.de. Mit einer schriftlichen Vollmacht kann Ihr Steuerberater die Antragstellung übernehmen.
Hängen Sie Belege als Datei an, wenn der Umsatz über 1.000 Euro liegt. Bei Tankrechnungen sind Belege ab 250 Euro nötig. Fristen:
Sie müssen Anträge bis zum 30. September des folgenden Kalenderjahres stellen. Für das Wirtschaftsjahr 2009 gilt eine verlängerte Frist bis zum 31.03.2011.
15.03.2011
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 1/2011