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Recht
Subunternehmer flexibel einsetzen
Auch kleinere Betriebe kommen an große Aufträge, wenn sie auf Abruf genug Mitarbeiter einsetzen können. Dafür bieten sich Subunternehmer, Leiharbeiter oder Freie an. Allerdings gilt es, bei deren Einsatz einige Regeln zu beachten.
Laura Lammel verfolgt eine klare Akquise-Strategie. Die Geschäftsführerin der Lammel Bau GmbH & Co. KG in München hat sich auf schlüsselfertige Tiefgaragen spezialisiert, die sie für Wohnbaugesellschaften errichtet. Um diese Aufträge abzuarbeiten, setzt sie nicht nur auf eigene Leute: „Vom Umfang und Zeitdruck her könnten wir das mit unseren eigenen Mitarbeitern kaum schaffen, aber mithilfe von Subunternehmern klappt es." 2,5 Millionen Euro Jahresumsatz erzielt sie auf diese Weise. Dabei legt die Firmenchefin großen Wert darauf, dass die Partner klar abgegrenzte Auftragsteile übernehmen. Die wichtigsten sind Erdbau und Aushub, Montage von Fertigbauteilen, Abdichtung, Lüftung, Elektro- und Wasserinstallation. „Würden wir das alles selbst machen, stünden 20 Facharbeiter mehr auf unseren Lohn- und Gehaltslisten", schätzt Lammel. Und diese Personalkosten liefen auch ohne Einnahmen weiter, wenn der nächste Auftrag erst ein paar Tage nach dem gerade abgeschlossenen beginnt.
Den Rechtsrahmen beachten
Ganz ohne Risiko ist dieses Konzept jedoch nicht. „Das klappt nur, wenn auf die Subunternehmer Verlass ist", so Olaf Hofmann, Lehrbeauftragter für Baurecht an der Universität der Bundeswehr in München. "Und das gilt nicht nur für die reibungslose Erfüllung des Auftrags, sondern auch das Einhalten des Rechtsrahmens." Der Subunternehmer muss seinen Leuten beispielsweise den Mindestlohn zahlen, wenn das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz für seine Branche einen vorschreibt. Falls er diese Regel unterläuft, haftet auch der Hauptunternehmer für die Lohndifferenz. Nachgeforderte Sozialabgaben können für Subunternehmer wie Auftraggeber ebenfalls teuer werden. Die Beiträge werden auf Basis des Mindestlohns hochgerechnet und die Differenz zu den tatsächlich abgeführten Beträgen nachgefordert – innerhalb der Verjährungsfrist bis zu vier Jahre rückwirkend.
Lohnzahlung kontrollieren
Laura Lammel hat mit ihren Partnern bisher noch keine schlechten Erfahrungen gemacht: „Aus guter, langjähriger Zusammenarbeit können wir uns auf unsere Subunternehmer verlassen." Trotzdem prüft sie regelmäßig in Stichproben, ob die Mitarbeiter ihrer Partnerbetriebe tatsächlich sozialversichert sind und ihren Personalausweis dabeihaben. Darüber hinaus kontrolliert sie die Lohnzettel. „Wer sich schützen will, sollte außerdem auf die Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Sozialversicherungsträger bestehen", rät Olaf Hofmann. Zusätzlich brauchen ausländische Subunternehmer eine Arbeitsgenehmigung, wenn sie nicht aus einem EU-Staat stammen, für den die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt.
Vielen Firmenchefs ist das zu kompliziert. Um ihren Personalbestand trotzdem flexibel an die Auftragslage anpassen zu können, engagieren sie statt Subunternehmern lieber freie Mitarbeiter, mit denen sie sich auf einen Dienstvertrag einigen. Dieser regelt, welche Leistung der Freie zuliefert. In der Praxis besonders wichtig ist dabei die Abgrenzung zum Arbeitsvertrag. „Das ist eine der schwierigsten Fragen im Arbeitsrecht", warnt Jobst-Hubertus Bauer, Professor an der Universität Tübingen, und erklärt: „Wer im Wesentlichen frei die Arbeitszeit, den Arbeitsort sowie die Art und Weise der Aufgabenerfüllung bestimmen kann und ein eigenes Unternehmerrisiko trägt, ist in der Regel selbständig."
Clearing-Verfahren nutzen
Eine besonders wichtige Rolle spielt die Abgrenzung bei den Sozialabgaben. Hier müssen Freie meistens keine Beiträge zahlen. Stellt der Betriebsprüfer aber fest, dass ein vermeintlich Freier tatsächlich ein Mitarbeiter ist, fordert er die vollen Beiträge bis zu vier Jahre rückwirkend vom Arbeitgeber nach. Dieses Risiko reduziert, wer im ersten Monat der freien Mitarbeit ein Clearing-Verfahren bei der Rentenversicherung beantragt. Damit lässt sich auch feststellen, ob ein Freier als „arbeitnehmerähnlicher Selbständiger" beitragspflichtig ist, da er nur für einen Auftraggeber arbeitet und selber kein Personal beschäftigt.
Eine weitere interessante Alternative, um auf Schwankungen beim Personalbedarf reagieren zu können, ist Leiharbeit. Rechtlich besteht kein Arbeitsverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Betrieb, von dem der Mitarbeiter ausgeliehen wird. Und mit den genau für die Dauer des Auftrags oder des vorübergehenden Personalengpasses georderten Kräften bleibt der Entleiher besonders flexibel. Je kürzer die vereinbarte Zeit ist, desto schneller kann er reagieren. Braucht er unerwartet doch länger Leute, schließt er einfach neue Leiharbeitsverträge. „Allerdings gibt es rechtliche Grenzen für den Einsatz von Leiharbeitern", warnt Professor Bauer.
„Zu beachten ist vor allem, dass der Verleiher eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung benötigt." Ab Dezember 2011 muss das schon sein, wenn die Leiharbeiter „im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit" vermittelt werden. Dann brauchen auch Betriebe, die ihre Mitarbeiter an Firmen der gleichen Branche ausleihen, eine Erlaubnis der Arbeitsagentur.
Im Bau- und Ausbaubereich ist die Leiharbeit eingeschränkt. „Es gibt ein grundsätzliches Verbot der Arbeitnehmerüberlassung in einen Betrieb des Baugewerbes", warnt Olaf Hofmann. „Gelten jedoch für Verleiher und Entleiher die gleichen Rahmen- und Sozialkassentarifverträge oder für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge und ist der Verleiher seit mindestens drei Jahren tätig, dann darf er Personal in den anfragenden Betrieb entsenden." Der Klassiker hierfür ist etwa: Ein Betrieb des Bauhauptgewerbes leiht einem anderen in seiner Branche Mitarbeiter aus – und umgekehrt. So bleiben beide flexibel, können die Leute beschäftigen, müssen sie aber in auftragsschwacher Zeit nicht fürs Nichtstun oder für den Abbau von Zeitguthaben bezahlen.
Leiharbeiter auswechseln
Leiharbeiter dürfen nicht nur vorübergehend, sondern auch ständig als Teil der Belegschaft eingesetzt werden. „Eine Obergrenze für die Dauer der Leiharbeit existiert momentan nicht", so Professor Bauer. Zwar schreibt das Gesetz ab Dezember eine nur „vorübergehende" Leiharbeit vor. Was das genau bedeutet, definieren die Paragraphen aber nicht. „Der dauerhafte Einsatz eines Leiharbeiters auf demselben Arbeitsplatz ist künftig ausgeschlossen", meint Bauer und nennt gleich einen Ausweg: „Meines Erachtens bezieht sich die Änderung nur auf den jeweiligen Leiharbeitnehmer. Nicht ausgeschlossen ist, dass ein bestimmter Arbeitsplatz dauerhaft, aber nacheinander von unterschiedlichen Leiharbeitnehmern besetzt wird."
Gleichbehandlung sichern
Unabhängig von der Einsatzdauer gilt: Der Betrieb, in dem sie tätig sind, hat Leiharbeiter grundsätzlich wie die eigenen Mitarbeiter zu behandeln. „Die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen müssen denjenigen entsprechen, die für sie gelten würden, wenn sie direkt vom Unternehmen für den gleichen Arbeitsplatz eingestellt worden wären", erklärt Professor Bauer. „Equal Pay" und „Equal Treatment" heißt das neudeutsch.
Bauunternehmerin Laura Lammet in München hat sich auch für ihre Strategie entschieden, weil sie sich über solche Feinheiten keine Gedanken machen will. „Für mich ist nur wichtig, dass meine Subunternehmer ihren Mitarbeitern nicht weniger als den Mindestlohn zahlen."
Mindestlohn - Untergrenzen beachten
Mindestlöhne sind für die betroffenen Branchen verbindlich und gelten derzeit für Abfallwirtschaft, Bau, Dachdecker, Elektrohandwerke, Gebäudereiniger, Maler und Lackierer, Pflegebranche, Sicherheitsdienstleistungen sowie Wäschereidienstleistungen. Eine Übersicht mit den aktuellen Stundensätzen findet man auf des Website des Zoll („Übersicht Mindestlöhne"). Viele Betriebe versuchen, Mindestlöhne mit längeren Arbeitszeiten zu unterlaufen. Deshalb müssen neben Lohnabrechnungen auch die Arbeitszeiten einschließlich Kommen, Gehen und Pausen nachgewiesen sowie die entsprechenden Belege zwei Jahre aufbewahrt werden. Wer den Mindestlohn unterschreitet, muss mit bis zu 500.000 Euro Bußgeld rechnen.
Tarifverträge gelten nur dann für alle Betriebe und Mitarbeiter einer Branche, wenn sie für allgemeinverbindlich erklärt wurden. Die meisten Tarifverträge sind nur dann verbindlich, wenn Betrieb und Mitarbeiter verbands- oder gewerkschaftlich organisiert sind.
TRIALOG 3/2011